Das war unsere
Kajak Tour
in Norwegen
Sommer 2021
in Norwegen
Sommer 2021

Das sagen unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer:
Lofoten Kajak Tour

Paddeln über dem Polarkreis
Ankunft auf den Lofoten
Erst spät abends, als es schon dunkel war, bin ich gestern auf den Lofoten angekommen und habe noch nichts von der Landschaft gesehen. Das will ich natürlich so schnell wie möglich nachholen und mache mich von unserer Hütte am Campingplatz auf den Weg zum Wasser. Der Blick auf den Fjord und die Berge allein ist schon unbeschreiblich. Mit dem Regenbogen, der sich über die Landschaft spannt, wird die Szene zum Postkartenmotiv und ich kann kaum glauben, endlich hier zu sein.
Im Laufe des Tages kommen nach und nach alle Teilnehmenden an und werden vom Tourleiter Konstantin begrüßt. Wir erkunden die Umgebung und lernen uns alle schon ein bisschen kennen, bevor Kristian uns am Abend eine erste Theorieeinführung zum ‚Qajaq‘-Fahren gibt. Qajaq ist das grönländische Wort für Kajak. Anstatt danach schnell ins Bett zu gehen, folgen wir seinem Vorschlag in den Himmel zu schauen, der heute völlig klar ist. Mit bloßem Auge zunächst kaum erkennbar, leuchten uns die Polarlichter auf Jans Kamera schon grün an und werden dann immer stärker. Irgendwann liege ich nur noch staunend auf dem Rücken am Boden und schaue den grünen Lichtern bei ihrem Tanz am Himmel zu. Selbst als die Polarlichter längst verschwunden sind, will ich aus Sorge doch noch etwas zu verpassen kaum ins Bett, und nur die Vorfreude auf den nächsten Tag bewegt mich dann doch irgendwann zum Schlafen.
Kajak-Training: Kentern will gelernt sein!
Der Theorie am Vortag folgt heute die Praxis. Nachdem wir alle mit Drysuits, Neoprenschuhen und Rettungswesten ausgestattet sind, fahren wir zu den Kajaks und lernen, sie auf unsere Größe einzustellen, und wie der Spritzschutz befestigt und auch wieder gelöst werden kann. Es gibt sowohl Einzel- als auch Doppelkajaks, die wir gemeinsam ins Wasser tragen. Und dann sitze ich zum ersten Mal in meinem Leben wirklich im Kajak. Ich spüre, wie es auf meine Bewegungen reagiert und tauche das Paddel ins Wasser – genau SO werde ich meine nächsten Tage hier verbringen und ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen!
Die nächsten zwei Tage nutzen wir dazu, verschiedene Paddelschläge zu üben und ein Gefühl für die Kajaks zu bekommen. Wie bewege ich mich seitlich? Kann ich auch geradeaus gleiten, wenn ich nur auf einer Seite paddele? Wie weit kann ich mich zur Seite lehnen, bevor ich mit dem Kajak umkippe? Was kann ich tun, um das Umkippen zu verhindern? Und was, wenn ich trotzdem gekentert bin? Um hier Übung zu bekommen, testen wir unsere Grenzen aus und alle landen mindestens einmal im Wasser, um dann vom nächstliegenden Kajak gerettet zu werden. Das macht unglaublich viel Spaß und dank der Drysuits werden dabei auch nur Kopf und Hände nass. Ich spüre abends in erster Linie meine Arme und weniger meinen Bauch- ein klares Zeichen, dass ich noch nicht die richtige Technik habe, aber das kann ja noch werden!
Das Abenteuer beginnt
In der Nacht vor dem ersten richtigen Tourtag hat es in höherliegenden Gebieten schon geschneit und die Bergspitzen sind weiß. Bei uns regnet es und graupelt auch mal – da ist es schon angenehm, dass die Drysuits auch vor Wasser von oben schützen. Wir werden heute mitsamt Kajaks zu unserem Ausgangspunkt gefahren, wo wir diese mit all unserem in Drybags verstautem Gepäck, Schlafsäcken, Zelten und dem Essen für die nächsten sieben Tage beladen. Jeder Zentimeter in den Gepäckfächern und auch der Platz auf den Kajaks wird genutzt. Das Abenteuer kann losgehen! In acht Kajaks sticht unsere Gruppe von insgesamt elf Personen endlich in See und ich freue mich sehr auf die bevorstehende Zeit fern von Zivilisation und voller Natur.
An unserem ersten Stopp bauen wir unsere Zelte und das Gemeinschafts-Tipi auf, einige sammeln Holz für das Lagerfeuer und ich lerne, wie man einen Benzinkocher verwendet. Da wir heute nur eine recht kurze Strecke zurückzulegen hatten, können alle die wollen, abends nochmal einen Paddelausflug in einen nahegelegenen Fjord machen, wo Kristian uns die Geologie der Lofoten erklärt. Nach dem Essen tauschen wir uns über unser jeweiliges Highlight des Tages aus und genießen den mittlerweile aufgeklarten Himmel. Ich putze mir, mit Blick auf die Polarlichter, neben dem Zelt die Zähne, bevor ich mich müde in meinen Schlafsack kuschle.
Nicht nur Natur – auch Plastik findet sich auf den Inseln
Bevor wir am nächsten Morgen aufbrechen, sammeln wir den Müll, der auf der anderen Seite der Insel angespült wurde an einer Stelle. Da kommt einiges zusammen. Da wir das mit unseren Kajaks nicht alles mitnehmen können, schicken wir die Koordinaten an eine Organisation, die den Müll hier abholen wird. Hunderte Tonnen Müll, vor allem Plastik, werden jedes Jahr an die Küsten Norwegens gespült, wir leisten hier also nur einen sehr kleinen Beitrag. Trotzdem ist es schön zu wissen, dass diese Insel für den Moment vom Gröbsten befreit ist.
Unsere Mittagspause machen wir heute auf einer kleinen Insel. Während ein Teil der Gruppe eine extra Strecke paddelt, um die Wasservorräte aufzufüllen, kochen die anderen und verfeinern das Risotto mit frisch gepflücktem Meeresspinat. Dazu gibt es heute außerdem „Cod“, also Kabeljau als Stockfisch – das Gold Norwegens. Auf dem Weg zu unserem Schlafplatz, einem schönen, langgezogenen Strand mit genug Grasfläche für unsere Zelte, beißen heute auch zwei ganz frische, große Fische an. Die gibt es in Alge auf der Glut des Lagerfeuers gebacken oder in der Pfanne gebraten zu Kartoffeln.
Im Trollfjord
Der dritte ist streckentechnisch unser längster Tag. Über 20 Kilometer legen wir heute mit unseren Kajaks zurück. Dank Krisitans Kenntnissen, können wir die Strömung, die durch die Gezeiten im Raftsund entsteht, aber für uns nutzen und uns einige Zeit nur treiben lassen. Je nachdem wonach uns gerade ist, paddeln wir etwas abseits, um die Landschaft zu bestaunen und den eigenen Gedanken nachzuhängen oder nah beieinander, um uns zu unterhalten und die gegenseitige Gesellschaft zu genießen. Ein paar von uns sehen heute einen Wal, bevor wir dann, zwischen zu beiden Seiten steil aufragenden, imposanten Felswänden, in den sagenumwobenen Trollfjord paddeln. Der Seeadler, der hoch über uns in den Fjord fliegt, unterstreicht den majestätischen Eindruck, den die Landschaft bei mir erweckt.
An diesem besonderen Fleck Erde, wo sich in den dunklen Wintermonaten die Trolle treffen, schlagen wir unsere Zelte für zwei Nächte auf. Erst, wenn es auch tagsüber kaum noch hell wird, erwachen die Trolle zum Leben. Zurzeit sind sie versteinert und wir fühlen uns einigermaßen sicher. Die erste Nacht ist sternenklar und die kälteste Nacht der Tour. Wir wärmen uns äußerlich am Lagerfeuer und innerlich mit Jager- und Ingwertee oder Sportübungen. Nur noch meine Nasenspitze schaut heute aus dem Schlafsack und ich lege mir – vorsichtshalber – ein Thermopad bereit, das ich dann aber doch nicht brauche.
Den nächsten Tag nutzen wir, um den Trollfjord zu Fuß weiter zu erkunden und erklimmen einen Gipfel mit atemberaubendem Blick auf den Fjord und verschiedene Bergseen, die türkis im Sonnenlicht glänzen. Hier oben gibt es einige kleine Hütten und eine Sauna. Die Hälfte der Gruppe, inklusive mir, entscheidet sich spontan, die Nacht hier oben zu verbringen. Wir werden mit den Snacks der Gruppe ausgestattet. Entsprechend gibt es zum Abendessen Trockenfrüchte, Schokolade, Kekse und Schokoriegel. Es ist schön, auch mal in kleinerer Runde zusammenzusitzen, in der nochmal andere Gespräche entstehen. Nach einer kurzen Nacht stehen wir früh auf um vom Gipfel aus die Sonne über dem Fjord aufgehen zu sehen.
Zurück am Wasser werden wir von Konstantin mit frisch gebrühtem Kaffee begrüßt, freuen uns über das Wiedersehen und darauf, nach dem gestrigen Abendessen nicht Milchreis oder Grießbrei zu frühstücken, sondern in der Glut gebackenes Bannok. Ich glaube, ich habe noch nie so gutes Brot gegessen!
Tieferes Eintauchen in die Lofoten
Nach der gestrigen Paddelpause freuen wir uns alle, wieder auf dem Wasser zu sein. Da die Tagesstrecke nicht allzu lange ist, nutzen wir den Nachmittag auf unterschiedliche Arten. Müll sammeln auf der Insel, die Insel mit dem Kajak umfahren, Feuer machen, ein Paddelausflug zum Supermarkt, um Bier und frisches Obst zu kaufen oder Angeln, um Fisch für die Gruppe zu fangen. Jede und jeder ganz nach dem eigenen Interesse. Das gemeinsame Zubereiten der Bratkartoffeln am Feuer macht heute besonders viel Spaß.
Auf der Insel, auf der es auch Schafe gibt, werde ich am nächsten Morgen durch ein lautes „MÄHHH“ aus dem Zelt geholt. Nachdem alles gepackt ist, bekommen wir von Kristian heute eine Einführung in die Pflanzenwelt auf den Lofoten. Er erklärt uns unter anderem wie wir uns unsere eigene Seife machen können und zeigt uns Wurzeln, die sich hervorragend für einen leckeren Tee eignen. Die Natur ist voller Möglichkeiten und Schätze, wenn man nur weiß, wonach man suchen muss. Von Kristian darüber – sein zu Hause – zu lernen, ist so wertvoll und ich freue mich sehr, dass er uns an alldem teilhaben lässt.
Zusammen mit vier Mitstreiterinnen bin ich heute für die Navigation verantwortlich und wir führen die Gruppe, ausgestattet mit dem Wissen der letzten Tage, Karte und GPS-Gerät zu unserem Ziel. Auf dem Weg kommen wir zufällig an einer Lachsfarm vorbei. In riesigen Netzen, die bis zum Meeresboden reichen, schwimmen tausende Lachse, die immer wieder aus dem Wasser springen, um der Enge zu entkommen. Für die Natur sind diese Fischfarmen eine große Belastung. Nahrungsreste, Fischkot und Chemikalien gelangen ins Meer und bringen das Ökosystem aus dem Gleichgewicht. Das mal aus der Nähe zu sehen ist spannend und bereichernd, aber für mich wird es so schnell wohl keinen Fisch mehr geben.
Rückkehr und Abschied
Heute, an unserem letzten Abend auf Tour, erfahren wir die Entstehungsgeschichte von FernWind und träumen von weiteren gemeinsamen Reisen. Da wir die ganze Zeit riesiges Glück mit dem Wetter hatten und uns immer an Plan A halten konnten, überlässt Kristian uns die Entscheidung, was wir am nächsten Tag machen wollen. Entweder zum angedachten Endpunkt paddeln, um dort abgeholt und zum Campingplatz gefahren zu werden, oder nochmal alle Kräfte sammeln und das ganze Stück bis zum Campingplatz aus eigener Muskelkraft zurücklegen. Wir sind uns schnell einig. Let’s do this!
Der letzte Tag ist meiner Meinung nach der anstrengendste. Fast 20 Kilometer legen wir heute zurück und sind das erste Mal auf ziemlich offenem Meer. Zum Teil verdecken die meterhohen Wellen die Sicht auf den Horizont und wir müssen auch mal gegen den Wind fahren. Wir paddeln durch den Hafen Svolværs und entlang der Küste. Bevor wir schließlich in den Fjord zum Campingplatz einbiegen, nehmen wir uns nochmal ein paar Minuten Zeit, um die Tour Revue passieren zu lassen. Ich schließe die Augen und denke an meine ersten Erfahrungen im Kajak, daran, wie wir vor sieben Tagen aufgebrochen sind und an all das, was ich seitdem erleben durfte. Ich bin dankbar und glücklich.
Die Ankunft am Campingplatz ist von unterschiedlichsten Emotionen und Gefühlen begleitet. Es fühlt sich so gut an, hier mit dem Kajak und aus eigener Kraft anzukommen und gleichzeitig würde ich am liebsten alles verbleibende Essen in mein Kajak packen und einfach weiterpaddeln. Immer weiter und weiter und weiter…
Wir laden unsere Kajaks aus, säubern sie und unsere Drysuits und kommen langsam wieder in der Zivilisation an. Wir feiern unsere Ankunft mit einer Pizza und verwöhnen unsere müden Muskeln mit einem Spa-Abend. Im Whirlpool und der Sauna mit Blick auf den Fjord heizen wir uns auf, um uns dann im eiskalten Atlantik, nördlich des Polarkreises wieder abzukühlen. Mir fällt es schwer heute ins Bett zu gehen. Ich will noch nicht loslassen.
Ganz früh geht am nächsten Morgen mein Flieger zurück. Neben den vielen verschiedenen Eindrücken nehme ich wunderbare Freundschaften und eine tiefe Ruhe mit nach Hause.